Datum: 12. Oktober 2011 23:21
Hallo Borgwardfreunde,
hier meine (etwas umfangreiche) Anleitung zur Restaurierung der Isabella Coupe Holzleisten. Es braucht, wie schon gesagt, sehr viel Zeit und Geduld, ist aber für einen normal begabten Schrauber machbar.
(Dass neue Leisten für 1.500.- und mehr angeboten werden, ist angesichts des Arbeitsaufwands in meinen Augen absolut gerechtfertigt - viel Geld ist damit nicht verdient.)
Werkzeug, Material und Hilfsmittel:
Mehrere Schraubzwingen,
Schleifpapier 120er, 240er, Schleifklotz, (Bandschleifer),
Teppichmesser, (Stechbeitel),
Hobelbank oder Werkbank oder Schraubstock,
Abbeizer/Entlacker (z.B. ASUR von Scheidel) - wird nicht benötigt, wenn das Furnier komplett ersetzt wird,
Salmiakgeist,
Wasserstoffperoxid (so hochprozentig wie möglich),
2-Komponenten Epoxidkleber (schnellhärtend, z.B. 5 min Verarbeitungsdauer),
wasserfester Holzleim z.B. "Ponal wasserfest",
Holzkitt,
<1>Furnier,
<2>Beize z.B. "Clou (wasserlöslich)" - Pulver in Tüten,
Klarlack
<3>Sandsäckchen,
<4>Biegeschablonen,
Holzleiste (z.B. Dachlatte) ca. 3x5x100 cm,
Gewebeband 5cm breit, so reißfest wie möglich; hier nicht sparen, die billigen reißen schneller!
zu <1>Furnier:
Das Originalfurnier ist wohl einfaches Nussbaumfurnier, was daher bei Ergänzungen eingesetzt werden sollte.
Noch edler (allerdings nicht original!) sieht Wurzelfurnier aus, das sich in unserem Fall sogar noch leichter verarbeiten lässt.
Nussbaum-Wurzelfurnier ist allerdings ziemlich dunkel, den originalen warmen Honig-Farbton bekommt man damit nicht hin, so dass man bei Wurzelfurnier auf eine hellere Holzart (z.B. Ahorn) zurückgreifen sollte.Auf jeden Fall Furnier in ausreichender Menge besorgen, es wird jede Menge Verschnitt, Ausschuss etc. anfallen.
zu <2>Beize:
Am besten, solange noch auf einer Leiste der gewünschte Originalfarbton zu sehen ist, ein Probestück Furnier auf ein Stück Holz leimen und genauso, wie weiter unten für die Leisten beschrieben, bearbeiten: schleifen, bleichen, beizen und farblos lackieren. Dabei den richtigen Beizton ermitteln (sehr gute Ergebnisse bei mir mit Clou Nr.152, 153 und 173 -gelb, orange und Teak - im Verhältnis 1:1:1). Dabei beachten, dass erst der farblose Lack den endgültigen Farbton des gebeizten Furniers hervorbringt.
zu <3>Sandsäckchen:
Zum Pressen des Furniers werden, wie später beschrieben, Sandsäckchen eingesetzt. Dafür Plastikbeutel (z.B. Gefrierbeutel o.ä.) mit Sand füllen und gut verschließen. Am besten eignet sich dazu ein haushaltsübliches Folienschweißgerät, wie es Mutter zum Verschweißen von Gefreirbeuteln einsetzt;
es finden sich aber sicherlich auch andere Möglichkeiten (z.B. Verkleben mit Gewebeband etc.). Für unsere Zwecke reichen 2 Sandsäckchen mit ungefähr
10x25 cm und 5x7cm Größe.
zu <4>Biegeschablonen:
Die größte Schwierigkeit beim furnieren der Leisten bereiten sicherlich die abgerundeten Kanten, über die das Furnier gezogen werden muss. Dafür benutzen wir, wie später beschrieben, vorgebogene Furnierstücke. Das Vorbiegen geschieht mit Hilfe von Biegeschablonen. Hiervon brauchen wir für die unterschiedlichen Leistenstärken 2 Stück mit verschieden Maßen (s. Zeichnung):
Die Klemmleiste anschrauben, dabei einen kleinen Spalt (1-2 mm) zwischen Leiste und Brett lassen, in den später die Furnierstreifen geschoben werden können. Zusätzlich brauchen wir noch ein (oder mehrere) Pressbrettchen (ca. 5cm breit, 25 cm lang; die Stärke ist beliebig).
Vorbereitung:
Bestandsaufnahme - Zustand der einzelnen Leisten:
- Fehlstellen v.a. an Kanten und bröselige Stellen -> bröseliges Material mit Draht/Messingbürste bearbeiten; kleine Fehlsstellen mit 2-Komponenten Epoxidkleber, größere Fehlstellen mit EpoxiSpachtel ausfüllen
- Aufquellungen (gerne an den Türleisten) -> Aufquellungen wegschleifen, dann mit 2-Komponenten Epoxydkleber fixieren
- Brüche -> (an-)gebrochene Leisten lassen sich mit 2-Komponenten Epoxidkleber problemlos dauerhaft verbinden. Der Kleber hat u.a. den Vorteil, dass die zu verklebenden Teile nicht zusammengepresst werden müssen.
- Furnier -> was muss ersetzt werden, was soll erhalten bleiben?
Arbeitsschritte:
- Leisten vorbereiten:
Leisten, bei denen das Furnier noch teilweise erhalten werden soll: abbeizen, ggf. über Nacht in Haushaltsfolie eingepackt einwirken lassen, dann Lack mit Wasser/Wurzelbürste und/oder Kunststoffspachtel vorsichtig (keine Kratzer!!) entfernen.
Mit Wasser abwaschen.
Das Abbeizen kann bei Leisten, deren Furnier ganz ersetzt werden muss, entfallen.
Für die folgenden Arbeitsschritte empfiehlt es sich, das Werkstück durch die vorhandenen Befestigungslöcher auf eine Leiste (z.B. Dachlatte) zu schrauben; die Konstruktion kann dann fest in Hobelbank oder Schraubstock eingespannt werden. Das zu ersetzende Furnier vorsichtig entfernen; je nach Zustand geht das mit Spachtel, Teppichmesser, Stechbeitel oder Bandschleifer.
Oberfläche sauber abschleifen (ca. 120 er Körnung), Unebenheiten am besten mit Holzkitt ausbessern (Autospachtel geht auch, aber dort kann später das Furnier nicht mit Holzleim aufgetragen werden). Wo altes Furnier erhalten bleiben soll, mit Teppichmesser eine gerade Anschlussstelle für das neue Furnier herstellen. Dabei sieht man auch, dass das alte Furnier meist hauchdünn geschliffen ist. Für das neue Furnier daher die Leiste lieber minimal tiefer schleifen.
- Furnier vorbereiten:
Furnierstreifen zurechtschneiden: jeweils ca. 10cm breit, für gerade Leisten(-teile) maximale Länge ca. 20 cm, bei den Krümmungen wesentlich kürzer - teilweise nur ca. 2-3 cm - einfach am Original orientieren. Während bei nicht gekrümmten Leisten(-teilen) die Furnierstreifen rechteckig sind, haben sie bei in den Krümmungen eine komplexere Form. Am besten jedes kompliziertere Stück erst mit Papier ausprobieren und dann entsprechend zurechtschneiden.
- Furnierstreifen biegen: Die Furnierstreifen ein paar Minuten in kochend heißem Wasser aufweichen, dann in der Biegeschablone in den Spalt zwischen Brett und Klemmleiste stecken, um das Brett biegen und mit Pressbrett und Schraubzwinge festklemmen. Furnier in der Schablone trocknen lassen. (Tipp: zum Biegen des Furniers am besten das Pressbrett benutzen, dann reißt es nicht so leicht ein).
Bei normalem Furnier immer senkrecht zur Faserrichtung biegen!
(Tipp: Je nach Furnierqualität kann es auch im aufgeweichten Zustand vorkommen, dass beim Biegen Fasern abplatzen. Am besten schon vorher noch im trockenen Zustand an einem Probestück ausprobieren, in welche Richtung sich das Furnier besser biegen lässt)
- Furnier aufleimen:
Das Furnier wird Stück für Stück in jeweils 2 Schritten aufgeleimt. Besteht der Untergrund nur aus Pressspan und/oder Holzkitt, kann das mit Holzleim geschehen, sonst mit 2-Komponenten Epoxidkleber.
1. Aufleimen auf den flachen Teil der Leiste:
Leim auftragen, Furnier auf Leiste ausrichten und mit Tape fixieren
dann mit Schraubzwinge(n) zwischen einem Brett und Sandsäckchen pressen
Unbedingt überschüssigen Leim zwischen Leiste und dem gebogenen Teil des Furniers entfernen, bevor er dort hart wird! Nach Leimtrocknung den nicht benötigten Furnier-Überstand (im folgenden Bild oben) mit Teppichmesser entfernen
2. Aufleimen der gebogenen Teils:
Leim auftragen (dazu kann das Furnier vorsichtig etwas zurückgebogen werden) und Furnier mit Gewebeband *fest* an die Leiste pressen.
Das Gewebeband kann dabei ruhig 2-3 mal kräftig um die Leiste gewickelt werden.
Nach Leimtrocknung das Gewebeband vorsichtig entfernen und überprüfen, ob das Furnier wirklich überall fest angeleimt ist - wenn nicht, das ganze noch mal von vorne...
(Tipp: Beim Abziehen des Gewebebands besteht die Gefahr, dass Fasern aus dem Furnier gerissen werden. Daher, sobald man bemerkt, dass Fasern am Gewebeband kleben bleiben, das Band in der entgegengesetzten Richtung abziehen)
- Finish:
1. Schleifen:
Die fertig furnierte Leiste mit 240er Schleifpapier sauber schleifen, leichte Risse im Furnier und kleine Unsauberkeiten an den Stößen zwischen den einzelnen Furnierstücken mit Holzkitt (nicht zu hell) ausfüllen und verschleifen. Furnierüberstände an den Kanten erst grob mit Teppichmesser entfernen, dann mit 120er Papier verschleifen.
2. Leistenenden bearbeiten:
Um ein künftiges Aufquellen durch eindringende Feuchtigkeit zu verhindern, werden die Leistenenden mit 2-Komponenten Epoxidkleber eingestrichen. Die Enden der Türleisten und das Ende der Leiste über der Türschlossfalle erhalten bei der Gelegenheit ein Furnierstück.
3. bleichen:
das geschliffene Furnier mit Salmiakgeist (stinkt furchtbar!) einstreichen und dann noch feucht mit Wasserstoffperoxid einstreichen (Achtung: extrem ätzend!!).Trocknen lassen - kann auch mit Föhn beschleunigt werden - und evtl. mit verdünnter Essigessenz abwaschen (muss wohl nicht unbedingt sein). Jetzt noch einmal überprüfen, ob sich das Furnier irgendwo durch das Bleichen von der Leiste gelöst hat; kleinere Ablösungen können (am besten mit Epoxidkleber) verleimt werden. Das Furnier noch einmal auf Risse überprüfen und ggf. mit Holzkitt spachteln. Das ganze Furnier noch einmal leicht mit 240er Papier schleifen.
4. beizen:
Die ausgewählte Beizmischung mit einem feinen Schwamm auftragen und überschüssige Beize nach ca. 1 Min abwischen. Im feuchten Zustand kann man den endgültigen Farbton sehen; wenn die Beize getrocknet ist, wirkt sie wesentlich fader - also nicht verwirren lassen!
5. lackieren:
Zum Abschluss werden die Leisten mit hochglänzendem Klarlack gespritzt, die Unterseiten gegen eindringende Feuchtigkeit dabei nicht vergessen!
FERTIG!!!
Vorher - Nachher
Viel Erfolg beim Restaurieren
ebbow
2 mal bearbeitet. Zuletzt am 15.10.11 17:20.