Re: Restaurieren? ja - aber wie? Umfrage zum Bericht in der Oldtimer Markt
geschrieben von: Peter (---.nsn-inter.net)
Datum: 19. Dezember 2008 10:44
Liebe Borgwardfreunde,
Zum Thema "Restaurieren" wird es immer unterschiedliche Ansichten geben. Jemand, der ein heruntergekommenes Schrottstück verkaufen will, sagt gerne zu einem Interessenten: "Beachten Sie die schöne originale Patina, die zu einem alten Fahrzeug doch einfach irgendwie gehört!" Oft übernimmt der Interessent, nachdem er zum Käufer geworden ist, sogar diese Einstellung, was psychologisch verständlich ist, denn er will keiner sein, dem für viel Geld ein minderwertiges Objekt angedreht worden ist.
Sehen wir die Situation nun einmal aus einer anderen Perspektive, indem wir uns vorstellen, dass bei einer Haushaltsauflösung irgendwo Borgwardteile aufgetaucht sind und der mit der Veräußerung beauftragte Hausmeister, der in diesem Fall keinerlei Fachwissen habe, sich die Sache leicht macht, indem er sagt: "Jedes Teil kostet hundert Euro." Wenn wir ankommen, ist bis auf zwei Teile bereits alles verkauft. Zu haben sind lediglich noch zwei Kofferraumgriffe: Der eine wirkt makellos neuwertig, während der andere in Form von zahlreichen Pickeln und Chromablösungen die besagte "schöne Patina" aufweist. Welchen werden wir wohl für unsere hundert Euro erwerben?
Somit ist eigentlich klar, dass bei einer Restauration grundsätzlich der neuwertige Zustand angestrebt wird. Natürlich muss man in vielen Fällen auch Kompromisse eingehen - beispielsweise wenn es bei der Realisierung der makellosen Perfektion zu Budgetüberschreitungen käme, die nicht zu verkraften wären. In so einem Fall ist man natürlich froh, wenigstens ein Fahrzeug zu haben, das funktioniert. Es soll sich nur keiner nach der alten Fabel vom Fuchs mit den Trauben selbst beschwindeln, indem er sagt: "Ich will ja gar keine Perfektion; Patina ist doch viel schöner."
Da es heute trotz aller Krisen recht viele Fahrzeugeigner gibt, für die sich eine gute Restauration durchaus verwirklichen lässt, hat sich neben den bisherigen Zustandsniveaus "noch vorhanden", "noch funktionsfähig", "restauriert mit verbliebener Patina" und "restauriert ohne erkennbare Patina" noch der Zustand "unberührt" etabliert. Dabei handelt es sich um ein Fahrzeug, an dem nach der Erstauslieferung noch keinerlei technische und optische Eingriffe vorgenommen wurden. Um so etwas zu besitzen, muss man einen Neuwagen erwerben und diesen mindestens drei Jahrzehnte lang gut geschützt aufbewahren. So etwas wird sich für die Marke Borgward heute kaum finden lassen. Wohl aber kenne ich Leute, die sich beispielsweise einen VW Käfer der letzten Serie "ultima edicion" in die Garage gestellt haben und diesen lediglich wie ein Kunstobjekt gelegentlich ansehen. Andere ordern einen Neuwagen gleich zweimal und stellen das eine Exemplar in ihr Privatmuseum, während sie mit dem anderen gelegentlich fahren und Abnutzungen daran in Kauf nehmen.
Welcher Philosophie sich nun der einzelne anschließt, hängt von der jeweiligen Denkweise und natürlich von den verfügbaren Geldmitteln ab. Nach meiner Ansicht gibt es hierzu keine Verhaltensvorschriften, nach denen sich jeder richten muss.
Abschließend kann man sagen, dass ein perfekter Zustand zwar meist asymptotisch angestrebt, jedoch in der Praxis längst nicht immer auch erreicht wird.
Viele Grüße
Peter