Re: GV 800
geschrieben von: Miko (---.dip.t-dialin.net)
Datum: 24. September 2008 22:12
Guten Tag zusammen!
Ist unser Hobby wirklich rational erklärbar, bzw. lässt sich Enthusiasmus auf eine Formel herrunterbrechen?
Ich denke nicht!
Unser Hobby ist vor allem eins: Eine Herzenssache!Eine Infektion mit einem harmlosen Virus. Nicht vernünftig und auf keinen Fall ist die Herkunft dieses "Virus" bei jedem von uns zweifelsfrei nachweisbar.
Wir sprechen hier von Leidenschaft! Die muss man nicht begründen. Ich glaube sogar, dass die Zeiten, in denen diese Leidenschaft um sich greift, niemals so fruchtbar waren wie jetzt.
Als ich durch den Erwerb der allgemeinen Fahrerlaubnis legitimiert wurde, dieses Hobby aktiv zu betreiben (der Ursprung meiner "Infektion" lässt sich heute nicht mehr klären, ich denke sie ist in meinem Fall angeboren: Kein Kinderbild ohne Spielzeugauto, erste Worte waren Fahrzeugmarken), schrieben wir die tiefsten 80er Jahre. Oldtimer-Markt war ein Insider-Tip, der in den Kinderschuhen steckte, Menschen, die sich mit rostigem Blech beschäftigten galten tatsächlich als mindestens sonderbar, wenn nicht sogar als "aussätzig" und die Möglichkeit mit Gleichgesinnten zu kommunizieren, beschränkte sich auf die wenigen in privater Atmosphäre stattfindenden Oldtimertreffen. Ein "Internet-Forum" speziell für Liebhaber alter Borgward-Fahrzeuge vollkommen unvorstellbar. Wer ein seltenes Ersatzteil suchte, war wirklich auf Connections angewiesen. Obwohl wir uns fast 30 Jahre weniger weit weg von dem "Aus" der Borgward-Gruppe befanden, war alles viel schwieriger zu bekommen, weil die Kommunikationswege umständlicher waren. Es wehte ein Hauch von Pioniergeist durch unser Hobby. Oldtimer waren vor allem Vorkriegsfahrzeuge. Mein 63er Faltdachkäfer war ein abgewrackter Verbrauchtwagen, nach dem kein Hahn krähte. Damaliges Alter: 20 Jahre (!).
Was hat sich daraus entwickelt?
Ein Hobby, das mittlerweile zum ernst zu nehmenden Wirtschaftszweig geworden ist. Die Zahl der "Infizierten" steigt stetig und immer neue Konsum-Tempel in Form von Meilenwerken entstehen. Da ist auch viel Platz für die Marke Borgward und deren Ableger.
Als Vorstandsmitglied der LLOYD-FREUNDE IG konnte ich vor einigen Wochen die frohe Botschaft verkünden, dass die Zahl unserer Mitglieder erstmalig in der fast 25-jährigen Geschichte der IG auf über 400 (!!!) angestiegen ist! Und die Marke Lloyd ist wohl nicht unbedingt als Quotenbringer im Kreise der Borgward-Interessierten anzusehen.
Meiner Meinung nach also kein Grund zu verzweifeln und was die Zukunft unserer geliebten Autos angeht in Agonie zu verfallen. Eines der kürzlich beigetretenen Mitglieder ist übrigens gerade 18 Jahre alt und da steht kein "Lloyd-infizierter Papi" dahinter.
Seit dem Beginn meiner aktiven Oldtimer-Karriere ist mittlerweile fast die Dauer eines "H-Kennzeichen-Reifeprozesses" vergangen, nämlich nahezu 30 Jahre. Ein Auto, welches seit kurzem unsere Sammlung ziert, war damals noch gar nicht gebaut und trotzdem hegen und pflegen wir es ebenso wie unsre Isabellas und Lloyds, die daneben stehen, um ihm exakt die Zuneigung zu geben, die ihn zum top-gepflegten unrestaurierten Traum-Oldie von morgen herranreifen lässt. Es handelt sich um eben einen solchen 190 E, wie Christian von der "presse-abteilung" ihn erwähnte. Jungfräulich im Zustand, knapp über 50.000 gelaufen und auch schon fast ein Vierteljahrhundert alt. Er hat es verdient! Ebenso wie der fast fünfzigjährige Käfer, über den die Vorkriegsfanatiker von vorgestern lächelten und der nach einem Vierteljahrhundert heute immer noch in einem unrestaurierten Top-Zustand mit Erstlack in unserer Garage steht und über den nun angesichts explodierender VW-Preise keiner mehr lacht.
Alles hat irgendwo seine Daseins-Berechtigung und niemandem kann man vorschreiben, was er zu mögen hat. Dies ergibt sich. Und ich glaube, die Oldtimer-Szene hat im Moment überhaupt keinen Grund, daran zu zweifeln!
Selbst der schnuckelige Lloyd-Bus vom Typ LT 600, der seit kurzem unsere Sammlung ziert und dessen Seltenheitswert, ähnlich wie der des Eingangs zitierten GV 800 wohl kaum ausser Frage steht, sorgt auf Oldtimertreffen gerade bei der Generation um die 20 für große Begeisterung und reges Interesse. Wir müssen keine Angst haben, dass die Kids von morgen unsere Autos nicht mehr mögen! Jedem, der das friedliche Nebeneinander von Ford Tin Lizzy und VW Santana in entspannter und förderlicher Atmosphäre erleben möchte, sei an dieser Stelle das jeden Sonntag stattfindende zwanglose (!) Oldtimertreffen am alten Bahnhof in Burscheid-Hilgen empfohlen. Hier treffen sich in den Monaten April bis Oktober an sonnigen Sonntagen Unmengen (oft mehr als 150) klassischer Automobile aller Sparten zum kucken, klönen und Kaffeetrinken!
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen
lloydselige Grüße,
...der Rainer.