Re: Motorölzusatz
geschrieben von: Peter (188.46.182.---)
Datum: 30. November 2009 20:42
Liebe Borgwardfreunde,
Gegenüber den zahlreichen positiven Erfahrungsberichten über Slick50 und dessen artverwandte Produkte wie SX6000 sticht das eine durch und durch negative Analyseergebnis besonders heraus. Die Formulierung klingt dabei sehr sachkundig und somit weitgehend plausibel.
Uns dürfte vordringlich interessieren, ob die Produkte in unseren Borgwardmotoren verträglich sind oder zumindest garantiert werden kann, dass diese keinen Schaden erleiden. Um es vorweg zu nehmen: Diese Garantie kann auch ich nicht geben, aber ich habe einmal versucht, die kritischen Ausführungen ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen, und bin dabei zu folgendem Ergebnis gekommen:
• Der erste Punkt, nämlich ein Spannmechanismus der Steuerkette mit einem Kunststoffrad, trifft auf unsere Maschinen gar nicht zu, weil dort serienmäßig keine Kunststoffzahnräder verbaut wurden.
• Wenn erwähnt wird, dass sechs von acht Scorpio-Motoren, bei denen der geschilderte Schaden aufgetreten ist, Ölzusätze bekommen hatten, kann das auch daran liegen, dass sämtliche Halter damit eine Leistungssteigerung erreichen wollten und ihre Fahrzeuge dann entsprechend belastet haben, wodurch der Schaden vielleicht eingeleitet wurde; außerdem bleibt die Frage offen, warum die zwei Aggregate, bei denen kein Ölzusatz zur Anwendung kam, ebenfalls von dem gleichen Schaden heimgesucht wurden.
• Auch Hydrostößel in der Art wie sie im Pajero eingebaut sind, dürften wir in unseren Motoren vergeblich suchen, wodurch dieser Fall ebenso wenig auf unsere Situation übertragbar sein dürfte wie der vorige.
• Sehr brauchbar ist dagegen die Erkenntnis, dass die Nanopartikel den Ölfilter verstopfen können. Da die Teflonteilchen dort überhaupt keinen Nutzen haben, sollten wir daraus den Schluss ziehen, den Ölfilter nach dem Einfüllen des Zusatzes bis zum ersten Ölwechsel danach etwa alle 500 km zu wechseln. Wenn man das macht, kommt es gar nicht erst zu dem geschilderten Abfall des Öldrucks.
• Wenn jemand den Filterwechsel doch vergessen sollte, kann es zu dem erwähnten Öldruckabfall kommen, allerdings passiert dies erst, wenn die Teflonbeschichtung sich auch im Motorinneren weitgehend festgesetzt hat und eine reibungsärmere Bewegung der Teile bereits eingeleitet ist. Es hat Versuche gegeben, bei denen man das Motoröl zu diesem Zeitpunkt komplett abgelassen und dem Testmotor seine normale Leistung abverlangt hat – bei ständig leuchtender Öldruckwarnlampe. Überprüfungen nach dieser „Tortur“ ließen keinen besonderen Verschleiß erkennen.
• Die Untersuchung der Steuerkettenglieder ist bei näherer Betrachtung nicht so plausibel, wie sie auf den ersten Blick erscheint, denn Aufgabe der Ölzusätze ist es nicht, den Motor gegen einen chemischen Angriff mit Eisen-3-Chlorid immun zu machen, sondern es soll lediglich eine Oberflächenglättung im Innern erzielt werden. Wenn nun ein Kettenglied mechanisch gereinigt wurde, kann es durchaus sein, dass die Beschichtung dieser Prozedur widerstanden hat und somit das ungereinigte Glied in gleicher Weise wie das gereinigte reagiert hat; die Folgerung, dass keines der Glieder überhaupt etwas von der Beschichtung abbekommen haben kann, ist logisch nicht schlüssig.
• Es ist durchaus richtig, dass das Öl neben der Schmieraufgabe auch Wärme ableiten muss. Reduziert man die Reibung, erleichtert man dem Öl diese Aufgabe, wodurch weniger Wärmeenergie abgeleitet werden muss. Sehr unwissenschaftlich erscheint mir in diesem Zusammenhang der Satz: „Die überwiegende Hauptwärmemenge wird dem Öl nicht durch Reibwärme, sondern durch diese Kühlmaßnahmen zugeführt.“ Wie soll man einem Motor durch Kühlmaßnahmen eine Wärmemenge zufügen? Entweder verstehe ich den Sinn nicht ganz oder es wurde ein Text formuliert, der in erster Linie wissenschaftlich klingen soll.
• Richtig erscheint mir auch die Denklogik, dass die Viskosität des Motoröls bei einer durch Reibungsminderung herabgesetzten Temperatur nicht abnehmen kann. Die Wirkung des Zusatzes basiert jedoch nicht auf einem besser fließenden Öl durch herabgesetzte Viskosität – dann brauchte man einfach nur ganz dünnflüssiges Öl zu verwenden – sondern auf einem besseren Fließen aufgrund geringerer Reibung.
• Die angesprochene Problematik beim Einführen der besagten Zusätze in moderne Motoren mit hydraulischen Kettenspannern, Turboladern und engen Toleranzen an den Lagern mag auch zutreffen, ist aber für unsere Anwendungen kaum relevant, denn Borgwardmaschinen hatten aufgrund der damaligen Fertigungsverfahren noch nicht einmal im Neuzustand derart eng tolerierte Maße, wie sie heute Standard sind. Dagegen war das Konzept eher solide und wies die heutigen Feinbohrungen, die sich mit PTFE-Partikeln zusetzen könnten, gar nicht auf.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich keinesfalls am Umsatz von Ölzusätzen in irgendeiner Form beteiligt bin; auch habe ich selber noch keine Zusätze dieser Art ausprobiert. Wenn man dies tun will, sollte man allerdings folgende fünf Regeln beachten:
1.
Vor der Befüllung muss auf jeden Fall dafür gesorgt werden, dass Zündung, Vergaser und Ventilspiel einwandfrei in Ordnung sind.
2.
Die Einfüllung ist genau nach Anleitung durchzuführen. Der Spruch „viel nützt viel“ ist hier völlig unangebracht.
3.
Während der ersten 3000 km sollte der Ölfilter etwa sechs Mal gewechselt werden.
4.
Diese 3000 km müssen zeitnah nach dem Einfüllvorgang gefahren werden. Sehr ungünstig ist es, wenn man den Zusatz einfüllt, den Wagen anschließend nur etwa 100 km jährlich im Stadtverkehr bewegt und auf diese Weise die 3000 km zurücklegen möchte.
5.
Nach den erwähnten 3000 km sollte ein Ölwechsel vorgenommen und nochmals ein neuer Filter eingesetzt werden.
Ich muss offen zugeben, dass auch ich kein Motorenspezialist bin und meine Ausführungen vorwiegend auf theoretischem Boden gewachsen sind. Sie sollen lediglich den Text, der manche von denen, die den Motorzusatz bereits verwenden, stark verunsichert haben könnte, ein wenig beruhigen und die Problematik aus einer anderen Perspektive zeigen.
Viele Grüße,
Peter