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Das Borgward-Forum
Vorsicht vor zu hoch gestellten Erwartungen!
geschrieben von: Peter (---.mch.sbs.de)
Datum: 06. Oktober 2005 13:50

Liebe Borgward-Freunde,

in dem interessanten Artikel unter der Beitragsreihe „Neue Borgward-Produktion?“ konnten wir unter anderem lesen, dass es mittlerweile Kleinbetriebe gäbe, in denen unsere Fahrzeuge nahezu wieder in den Neuzustand versetzt werden könnten. Diese Aussage darf man leider keineswegs so verstehen, dass man dort beispielsweise eine herunter gekommene Isabella anliefert, ein paar Monate später den Preis eines heutigen Neuwagens bezahlt und dafür ein Auto im damaligen Werkszustand abholen kann. Dies ist angesichts der immer schlechter werdenden Grundsubstanzen alter Fahrzeuge nur schwer möglich und scheitert vor allem auch an den menschlichen Schwächen, die man leider in Punkto Sorgfalt in so manch einem Kleinbetrieb antrifft.

Realistisch ist, dass man dort ein Stück Edelschrott in Zustand 5 abgibt und nach über einem Jahr zum Preis zwischen €40000.- und €50000.- ein Fahrzeug in ehrlichem Zustand 3 mit bereits wieder beginnendem Rostansatz an manchen versteckten Stellen vorfindet, wobei das Geld in mehreren Zwischenrechnungen während der Auftragsabwicklung zu bezahlen ist – lange bevor man das endgültige Resultat zu Gesicht bekommt. Es kann dann immer noch passieren, dass bei der ersten größeren Fahrt die Benzinpumpe ausfällt, nach 300 km der Motor seinen Geist aufgibt und sich binnen eines Monats die ersten deutlich sichtbaren Rostblasen zeigen. Dennoch wird man für all diese Ärgernisse ein gewisses Verständnis aufbringen und die Kosten verschmerzen, da man ja tatsächlich eine gewaltige Verbesserung für sein Geld bekommen hat.
So stand vielleicht das Isabella Coupé der Großmutter, die heute nicht mehr Auto fährt, nach seinem Dienst Jahrzehnte lang unbeachtet in irgendeiner Ecke oder möglicherweise sogar draußen und man erinnert sich, wie die Eignerin früher oft sagte: „Das kannst du, wenn du groß bist, einmal haben, mein Junge.“ Bei der Begutachtung muss man dann leider feststellen, dass von der Lebendigkeit und Lebensfreude, die sich aus den Gedanken an früheste Kindertage mit diesem Fahrzeug verbinden lassen, nur noch die Erinnerungen übrig geblieben sind. Der Wagen ist überall verrostet, alles ist schwergängig und innen empfängt einen ein Modergeruch, der für einen schnellen Rückzug sorgt. Überwindet man sich trotzdem, zumindest einmal eine Sitzprobe zu wagen, erlebt man, dass zwar der Sitz noch hält, das Bodenblech aber nur noch die Haltbarkeit von frisch gebackenem Knäckebrot aufweist, was ein leises Knistern gefolgt von einer ruckartigen Bewegung nach unten schonungslos offenbart. Von den Vorstellungen, dass der Motor nach einem Ölwechsel und dem Einsetzen einer neuen Batterie vielleicht anspringen und man ein paar Meter im Garten fahren könne, muss gänzlich Abstand genommen werden. In diesem Fall fühlt man sich, als hätte man etwas geschenkt bekommen, wenn man das Coupé der Oma dann nach erfolgter Restaurierung in glänzendem Lack, fahrbereitem Zustand und mit frischem TÜV-Stempel tatsächlich abholen darf. Hat man sich mit den Details dieses Autos selber noch nicht genauer befasst, ist das sogar noch besser, denn nach dem Motto „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ wird einem vieles gar nicht auffallen, was bei der Restaurierung nicht so gelungen ist, und wenn man an einigen Stellen doch stutzig wird, erhält man vom Meister schnell die beruhigende Antwort, dass das damals der Auslieferungszustand gewesen sei, da man ja vieles noch einzeln mit der Hand gefertigt habe und sich gerade an solchen Stellen der hohe Originalitätsgrad der ausgeführten Arbeiten zeige. Bei solchen Worten lässt sich direkt der Eindruck gewinnen, dass die Verarbeitungsqualität bei Borgward damals auf Bastlerniveau gewesen sein muss; komisch ist nur, dass sich davon in der zeitgenössischen Fachpresse so ganz und gar nichts finden lässt!

Weitaus problematischer ist es, wenn man sein recht gutes Fahrzeug in Zustand 2+ anliefert und mit der absoluten Perfektion liebäugelt. Man bezahlt dieselbe Summe oder vielleicht sogar noch viel mehr und erhält dann einen Wagen im Bereich von 2- oder schlechter; manches ist tatsächlich besser geworden, als es bei der Anlieferung war, jedoch wertvolle Originalteile sind plötzlich unrettbar ruiniert oder durch minderwertige Kompromisse ersetzt und an einigen Stellen sind auf einmal Schäden, die man dort nie zuvor gekannt hat. Die felsenfeste Behauptung des Meisters, dass dies beim besten Willen nicht anders gehe, bei allen Wagen dieses Typs vorkäme und mit Sicherheit vorher noch viel schlimmer gewesen sei, lässt sich nicht widerlegen, denn der Anlieferungszustand ist ja nicht mehr greifbar. Die nächste kalte Dusche folgt dann bei der Funktionsprüfung, wo plötzlich Teile der Elektrik nicht mehr funktionieren, der Sitz klemmt, so dass an eine korrekte Einstellung nicht zu denken ist, und der Kofferraum nur noch mit brachialer Gewalt geöffnet werden kann. Natürlich wird aus der geplanten Abholung zuerst einmal nichts und man muss weitere Zeit zur Nachbesserung einräumen. Jetzt, wo dummerweise schon fast alles bezahlt ist, findet sich auf einmal keine Zeit mehr, die zahlreichen Fehler zu beseitigen; da ist hier ein dringender Auftrag für einen Kunden, der angeblich schon viel länger wartet, dann ist der Lackierer gerade in Urlaub und der Elektrikspezialist leider für längere Zeit erkrankt. Das Ganze zieht sich hin. Nachfragen per Fax und E-Mail bleiben grundsätzlich unbeantwortet. Wenn man ein paar Monate später anruft oder vorbei kommt, hört man weitere Ausreden und neue Vertröstungen. Dieses Dilemma kann sich – je nach eigenen Nerven – über ein, zwei oder auch drei weitere Jahre ausdehnen. Allmählich gewinnt man den Eindruck, dass die Sache wohl nicht mehr besser werden wird, und die alte Vorstellung, für gutes Geld doch eigentlich Anspruch auf gute Leistung zu haben, sowie der Begriff handwerklicher Ehre geraten beträchtlich ins Wanken. Hinzu kommt, dass an dem Fahrzeug von Besuch zu Besuch immer wieder ein neuer kleiner Schaden zu erkennen ist, da es meist ungeschützt in irgendeiner staubigen Ecke der Werkstatt herumsteht und offensichtlich auch schon die eine oder andere Nacht draußen im Hof verbringen musste. Von den neuen Schäden hat der Meister natürlich nichts gewusst und nichts gesehen, er kann sich auch gar nicht erklären, wie es dazu gekommen sein soll; überhaupt sei man eigentlich daran selber schuld, denn man hätte den Wagen doch längst abholen können, anstatt all solche „Kleinigkeiten“ zu beanstanden. An das Versprechen, die Schäden zu beseitigen, ist der Hinweis geknüpft, dass dies aber bestimmt nicht so schnell gehe und man „demnächst“ einmal sehen werde – aber eben nicht so bald. Wird nach ständigem Drängen doch einmal etwas in Ordnung gebracht, geht dabei irgendetwas anderes kaputt. Schließlich fasst man den Entschluss, sein gutes Stück nun doch – sei es wie es sei – mitzunehmen, um die Schäden wenigstens nicht noch größer werden zu lassen. Die Frage nach den Originalteilen, die man sicherheitshalber in mehrfacher Ausführung angeliefert hatte, wird mit einem Achselzucken beantwortet; davon sei im Moment nichts zu finden und man werde bei Gelegenheit noch einmal nachsehen, bekommt man zu hören. Nachgeschoben wird die Frage, ob man diese Teile denn nicht beim vorigen Besuch schon mitgenommen habe. Die Heimfahrt – nach fast einem halben Jahrzehnt wieder einmal am Steuer seines Lieblings – hält weitere Überraschungen bereit: Nach einem kurzen Stopp reagiert der Anlasser nicht mehr. Ein Blick unter die Motorhaube zeigt, dass die Kabel lediglich in ihre Schlitze gesteckt worden waren; das Anziehen der Schrauben hat man sich geschenkt. Der Gedanke an die Kurzschlussgefahr – der Anlasser ist elektrisch ungesichert – und die bange Sorge, es könnten durchaus noch mehr solche Späßchen verborgen sein, lässt einen die heimische Garage mit sehr gemischten Gefühlen ansteuern – zumal die Wassertemperatur auf der Autobahn mit dem neu eingesetzten Kühler bis auf 950C steigt und der Motor dann in der Stadt bei jedem Ampelstart immer stärker hochdreht, ohne den Wagen richtig mitnehmen zu wollen, weil die Kupplung so eingestellt ist, dass sie durchrutscht. Wieder daheim, beginnt zuerst einmal eine gründliche Reinigung und Durchsicht. Dabei zeigt sich, dass die geniale Kabelbefestigung, die sich am Anlasser finden ließ, tatsächlich an mehreren Stellen praktiziert wurde und es erscheint ratsam, überall einmal systematisch nachzusehen. Einige Tage später nimmt man sich Zeit für eine genaue Funktionsprobe; diese kann allerdings nicht stattfinden, da die Elektrik im Gegensatz zu früher nun so arbeitet, dass sich die Batterie beim Parken entlädt; man schraubt also am besten immer das Massekabel los, bis dieser Fehler behoben ist. Außerdem zeigen die beiden Vorderblinker jetzt Dauerlicht, wenn bei eingeschalteter Warnblinkanlage gebremst wird. So vergeht die Freizeit der nächsten Monate und an eine entspannte Ausfahrt ist nicht zu denken. Beim Reinigen der mit zahlreichen Rostansätzen garnierten Unterseite stellt sich ganz nebenbei heraus, dass die eine Schraube zwischen Lenkgetriebe und Vorderachse nur hineingesteckt ist ohne festgedreht zu sein. Damit ist man also damals fast 100 km gefahren – davon etwa die Hälfte über die Autobahn! Ein kalter Schauder überläuft einen noch hinterher. Im Vergleich dazu wirkt die Schraube am Auspuff, die offenbar bei der Fahrt heraus gefallen ist oder nie drin war, geradezu wie ein Kavaliersdelikt. Die Innenzierleisten, die vorher stets genau gepasst haben, gleichen mittlerweile einer Ziehharmonika. Man weiß kaum, wo man anfangen soll, um aus diesem zusammengeschusterten Kompromiss wieder ein solides – und wenn möglich perfektes – Fahrzeug zu machen. Schließlich löst sich auch noch der Motorhaubengriff, denn er war lediglich mit Pattex befestigt. Im Ohr klingen noch die Worte des Meisters, dass bei einem Auto alle Schadstellen unterhalb der Gürtellinie zu den „Kleinigkeiten“ zählen würden, also gar nicht nennenswert seien; somit muss eine Lackierung also nur noch am Dach und an den Fensterholmen stimmen und darf ansonsten überall Blasen werfen?

So oder so ähnlich kann es kommen und die angeführten Fehler beruhen samt und sonders auf tatsächlich gemachten Erfahrungen. Was sind die Ursachen dafür und wie kann man solche Ärgernisse minimieren?
Zunächst ist zu sagen, dass die hier geschilderten Erlebnisse nicht bei jedem Restaurierungsbetrieb in dieser Form vorkommen müssen und vorkommen; das merkt man jedoch immer erst hinterher. Zur Entlastung der Fachleute muss man anführen, dass eine wirklich werksgetreue Wiederherstellung nie ganz möglich sein wird. Dies hat folgende Gründe:


Die Substanz, an der gearbeitet werden muss, hat viele Jahrzehnte hinter sich und ist mit Neuteilen aus der Blechpresse meist nicht vergleichbar.


Während im Werk eingefahrene und ständig weiter optimierte sowie überwachte Prozesse abliefen, muss der Restaurierungsfachmann jeden Arbeitsschritt neu angehen, planen und – unter den gegebenen Umständen immer mit gewissen Kompromissen – durchführen. Er hat sehr unterschiedliche Praktiken zu beherrschen, während sein Kollege im Werk sich auf ein bestimmtes Detail spezialisiert hatte und dieses schließlich mit höchster Perfektion absolvieren konnte. So beherrscht man beispielsweise die korrekte Justierung eines Schaltgestänges erst, nachdem man diesen Arbeitsgang einige Male hintereinander ausgeführt hat; macht man dies jedoch bei einem Wagentyp nur selten, wird die angestrebte Idealvariante oft erheblich verfehlt. Nicht ohne Grund sagen Autofüchse, dass man Wagen der Erstserie nicht kaufen solle, weil diese oft noch diverse „Kinderkrankheiten“ haben; bei einem restaurierten Fahrzeug ist das meistens noch viel schlimmer und man muss es eher mit einem Prototypen vergleichen.


Bei Unachtsamkeiten blieb der Schaden bei der Werksmontage in relativ engen Grenzen. Knickte beispielsweise eine Zierleiste beim Anbringen kaputt, wurde eine neue aus dem Regal genommen. Im Restaurierungsbetrieb gibt es dagegen gleichsam „nur einen einzigen Schuss“ – und dieser muss treffen. Das zu montierende Teil existiert eben nur einmal; fällt es aus der Hand, wird es wohl mit dem dabei entstandenen Schaden montiert werden.


Im Werk gab es den Qualitätsingenieur, der im Interesse der Firma ganz genau darauf achtete, dass die Verarbeitung wirklich stimmte. Mängel, die in die Fachpresse gelangt wären, hätten für die Absatzzahlen eine Katastrophe bedeutet. In der Einzelwerkstatt ist der Meister dagegen sein eigener Chef. Sicher lebt auch er ein wenig von der Propaganda von Mund zu Mund, aber es ist doch recht unwahrscheinlich, dass die Schäden, die er am Objekt eines Kunden angerichtet hat, durch Gespräche ausgerechnet zu den Ohren eines potentiellen Neukunden gelangen. Große und wirkungsvolle Werbeanzeigen in den entsprechenden Fachzeitschriften gleichen das allemal aus. Dazu kommt, dass ein Kunde – auch wenn er restlos zufrieden ist – ohnehin meist nur einmal kommt, weil er sich in der Regel nur ein Fahrzeug dieser Art leisten kann. Wozu also mehr Mühe aufwenden als unbedingt notwendig?


Wie lässt sich als Auftraggeber der Ärger möglichst klein halten?

1.
Auf jeden Fall sollte man den Betrieb, dem man sein gutes Stück anvertrauen will, zuvor gründlich unter die Lupe nehmen. Die Versprechungen in den Fachanzeigen reichen bestimmt nicht aus, um sich ein einigermaßen sicheres Urteil bilden zu können. Ebenso ist das Musterfahrzeug, das auf einer Oldtimermesse präsentiert wird, in aller Regel nicht repräsentativ für die Qualität, die dann am Kundenobjekt praktiziert wird. Sinnvoller ist dagegen ein – möglichst unangemeldeter – Besuch im Fachbetrieb, bei dem man hofft, ein oder zwei Objekte im Auslieferungszustand vorzufinden. Entsprechen diese nicht den eigenen Erwartungen, sollte man sich möglichst bald wieder verabschieden. Aussprüche wie „das wird bei ihrem Fahrzeug natürlich besser gemacht, wenn Sie das wünschen; im anderen Fall musste es schnell gehen und außerdem wollte der Kunde nicht so viel Geld ausgeben“ sind reine Floskeln. Wer gewohnt ist, schlampig zu arbeiten, wird dies auch bei der Ausführung des neuen Auftrags tun.

2.
Jeder Handwerker ist nur auf seinem speziellen Gebiet ein wirklicher Fachmann. So wie kaum ein Rechtsanwalt seine Mandanten auf sämtlichen Gebieten erfolgreich vertreten kann, soll man auch nicht erwarten, dass ein Kfz-Meister alle Details einer Restaurierung tatsächlich beherrscht. Bringt man beispielsweise sein Fahrzeug zu einem gelernten Karosseriebaumeister, kann man hoffen, dass die Blecharbeiten gut ausgeführt werden und selbst schlimmste Durchrostungen, bei deren Anblick jeden Laien der Mut verlässt, gut und dauerhaft repariert werden. Wenn es dann um die fachgerechte Montage von Zierleisten geht, kann dieser Mann durchaus zwei linke Hände haben und nach dem Motto „passt schon“ irgendetwas zusammenklopfen.

3.
Hinweise auf ein angeblich vorhandenes Team von Spezialisten sind mit großer Vorsicht zu bewerten – besonders wenn sich bei einem Besuch kein einziger von diesen antreffen lässt. Wird dann bei einer konkreten Nachfrage ausweichend reagiert – etwa mit der Andeutung, dass dieser Fachmann nicht wolle, dass seine Beschäftigung in der Werkstatt bekannt werde – ist noch größere Vorsicht geboten. In vielen Fällen existiert so ein Dunkelmann überhaupt nicht oder er ist praktisch nie verfügbar und kann bei auftretenden Problemen nicht einmal zu einem klärenden Gespräch herangezogen werden. Ebenso vage verhält es sich dann natürlich auch bei eventuellen Reklamationen.

4.
Auf jeden Fall sollte man von einem Auftrag sofort Abstand nehmen, wenn man erfährt, dass der Leiter der anvisierten Werkstatt bereits mit anderen Kunden in Gerichtsprozesse wegen Betrug oder Unterschlagung verwickelt ist.

5.
Art und Umfang der Arbeiten sind vor der Auftragsvergabe schriftlich auszumachen und beiderseits gegenzuzeichnen. Hierbei ist es sinnvoll, den Rahmen möglichst genau abzustecken und vor allem zu vereinbaren, dass Abweichungen davon nur mit einem entsprechenden Ergänzungsauftrag erfolgen dürfen.

6.
Wertvolle Originalteile montiert man am besten vor der Abgabe des Fahrzeugs selber ab und bringt sie dann später wieder an; nur so hat man die Gewissheit, dass sie nicht hinterrücks gegen schlechtere Teile ersetzt oder aus Fahrlässigkeit unrettbar beschädigt werden. Besondere Hinweise auf die Unwiederbringlichkeit verbunden mit der Bitte, besonders darauf aufzupassen, machen überhaupt keinen Sinn, da sie den Meister vielleicht erst auf die Idee bringen, das makellose Originalteil gegen einen Extraschein an einen anderen Kunden zu veräußern und dafür ein „auch ganz gutes“ anzuschrauben. Nachweisen lässt sich hinterher gar nichts.

7.
Originalteile, die sich nicht selber ausbauen lassen, hält man durch aussagekräftige Fotos fest, die man dem Auftrag beiheftet und mit gegenzeichnen lässt. Sehr günstig ist es auch, wenn man seinen Wagen nicht alleine abgibt, sondern ein oder zwei Zeugen dabei hat, die den Eindruck vermitteln, das Fahrzeug genau zu kennen.

8.
Die Abgabe jedes Ersatzteils in der Werkstatt sowie auch das Abholen müssen schriftlich festgehalten und beiderseits bestätigt werden. Es ist leider vollkommen weltfremd, darauf zu vertrauen, dass bei der Auslieferung des Fahrzeugs schon alles sorgfältig dazugelegt werden wird. Gerade bei einem Oldtimer lässt sich so ziemlich alles irgendwo gebrauchen und man hat praktisch keine Chance, wenn man ein Teil zurück haben möchte und dann zu hören bekommt: „Das hatten Sie doch wieder mitgenommen.“ Wichtig ist auch, dass bei der Abholung von Teilen immer dieselbe Person tätig wird, damit es nicht plötzlich heißt: „Da war doch ihr Kollege neulich da und hat alles geholt.“

9.
Bei den Zahlungen hält man sich natürlich nach dem Prinzip „Zahlen macht Frieden“ an die zuvor vereinbarten Modi. Es muss selbstverständlich sein, dass man sich die Gesamtsumme vorher zurückgelegt hat und nicht denkt, dass man das schon „irgendwie hinkriegen“ werde, die Werkstatt aber notfalls eben ein paar Monate warten müsse. Sind jedoch Schäden aufgetreten, sollte man bei einer Zwischenzahlung immer so viel zurück behalten, wie die Beseitigung bei einem Konkurrenzbetrieb kosten würde – eine leichte Rundung nach oben ist meist sinnvoll.

10.
Werden Ersatzteile berechnet, die von anderswo her bezogen wurden, lässt man sich die entsprechenden Rechnungen zeigen und fragt im Zweifelsfall bei dem Lieferanten nach. Es gilt stets die Devise „keine Zahlung ohne Beleg“, was man auf jeden Fall bereits vorher abklären sollte. Beliebt ist der Trick mit der doppelten Mehrwertsteuerberechnung: Es wird eine Lieferantenrechnung präsentiert, deren Bruttobeträge einem auf die Kundenrechnung gesetzt werden und am Schluss wird von allem noch einmal die Mehrwertsteuer berechnet und aufgeschlagen. Dieses „Verfahren“ fällt bereits unter Betrug, zumal die Steuer in fast keinem Fall wirklich zweimal an das Finanzamt abgeführt werden dürfte.

11.
Wird ein Schaden auch nach mehrmaligen Nachbesserungsversuchen nicht zufriedenstellend behoben, ist es besser, den Werkstattaufenthalt dennoch zu beenden; sonst wird es meistens eher noch schlimmer. Hier gilt besonders der alte Spruch: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“.

12.
Wenn am Schluss trotz aller Vorsicht kein befriedigendes Ergebnis heraus gekommen ist, sollte man den Gang zu Gericht nach Möglichkeit vermeiden. Auch wenn man selber „nur“ einem bürgerlichen Gewerbe nachgeht oder als Angestellter sein Geld nach dem kleinen Einmaleins verdient, wirkt man vor Gericht als Eigner eines Oldtimers, dem stets ein gewisses Luxusimage anhaftet, meist als Kapitalist, während der Werkstattbetreiber als der arbeitende Mann aus dem Volk auftritt, den man auch noch um einen Teil seines Lohnes bringen will.

13.
Letztendlich gilt es abzuwägen, ob nicht eine Beschränkung des Auftrags auf diejenigen Arbeiten Sinn macht, zu denen man selber einfach nicht die Fertigkeiten und die erforderlichen Hilfsmittel hat. Dies spart viel Geld und vor allem eine große Menge Ärger. So erscheint es beispielsweise sinnvoll, Blech- und Lackierarbeiten von einem wirklichen Fachmann ausführen zu lassen, während man die Montage aller Anbauteile selber vornimmt. Der Zeitaufwand ist eher geringer, als wenn man später jede zweite schief montierte Zierleiste erst abnehmen, mit größter Vorsicht wieder zurechtbiegen und dann schließlich neu montieren muss. Durch besagtes Quantum an Selbsthilfe verringert sich außerdem die Gefahr, dass einem frisch lackierten Wagen, während er in der Werkstatt steht, neue Lackschäden zugefügt werden. Natürlich fällt es manch einem, der beruflich stark eingebunden ist, sehr schwer, sich die Zeit für Eigenleistungen zu nehmen; ihm wäre es meist lieber, zu bezahlen und dafür ein perfektes Ergebnis zu bekommen. Ein anderer ist vielleicht ein glänzender Notar, hat ebenfalls Freude an klassischen Fahrzeugen, aber einfach kein Geschick für handwerkliche Arbeiten.

Ist nun in Großbetrieben die Situation wesentlich anders? Man kann es weder mit völliger Sicherheit bejahen noch verneinen. Auf jeden Fall bezahlt man die dort vorhandene aufwendige Organisation natürlich zusätzlich noch mit. Vorteilhaft ist die anzutreffende Hierarchie zwischen Firmeneigner und angestelltem Fachmann, der nicht nach eigenem Gutdünken schlampen kann, sondern darauf Wert legt, bei seinem Chef schlechte Eindrücke zu vermeiden. Außerdem findet man in diesen Häusern in der Regel wirkliche Spezialisten für die einzelnen Arbeitsgänge, was beim Einmannbetrieb, der nach dem Prinzip „ich mach´ alles“ arbeitet, kaum der Fall sein wird. Eigentlich erübrigt sich diese Erwägung aber von selbst, da es für unsere Autos ohnehin keine größeren Restaurierungsfirmen gibt, wie etwa die Firma Kienle für Mercedesfahrzeuge.

Sicher sind viele der angesprochenen Tipps lediglich Binsenweisheiten, aber oft sind es gerade diese Binsenweisheiten, die man außer Acht lässt, wenn man in einem Akquisitionsgespräch unter freundlichster und kompetent wirkender Atmosphäre einen umfangreichen Reparaturauftrag unterschreibt.


Viele Grüße,
Peter aus München

 
Re: Vorsicht vor zu hoch gestellten Erwartungen!
geschrieben von: Jan F.H. (---.dip0.t-ipconnect.de)
Datum: 06. Oktober 2005 19:51

Hallo Peter, so ganz versteh ich den Anlass deines Artikels nicht, denn die Schauergeschichten die du erszählt hast sind ja nur eine Zusammenfassung mehrerer Geschichten die du gehört hast. Denn wenn ein 50000 Euro Auto so einen mangelhaften Zustand hat, der so offensichtlich ist, dann fährt man als Kunde das Auto so nicht vom Hof und akzeptiert das auch noch.
Deine Aufzählung ist wie du ja geschrieben hast eine Aufzählung von Binsnweiheiten. Jeder der selbst schraubt kann davon ein Lied singen. Die, die meinen mit einer überquillenden Geldtasche alles Kaufen zu können ohne sich selbst damit beschäftigen zu müßen, die müßen sich nicht wundern, das der Oldtimer kein neuer BMW und Co ist. Wenn ein Oldtimer so fahren soll wie ein Neuwagen, dann braucht man auch keinen. Gerade diese kleinen Erlebnisse, bei denen irgend etwas nicht vorraussehbares passiert, sind doch das was unser Hobby interessant macht. Wer damit ein Problem hat, der hat halt dann ein Problem oder muß sich eben Abschleppen lassen.
Außerdem würde ich ja schon mal gern mal wissen welche Hinterhof Werkstatt solche Restaurationen macht die du genannt hast. Die Betriebe die ich kenne und im Auftrag von Kunden Borgwards restaurieren machen das alles nicht zum ersten mal sondern schon fast wie am Fließband und bestimmt teilweise auch noch viel besser.


Gruß Jan




1 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.10.05 19:55.

 
Re: Vorsicht vor zu hoch gestellten Erwartungen!
geschrieben von: Peter (---.mch.sbs.de)
Datum: 31. Oktober 2005 15:38

Hallo,

da die Anzahl der Leser meines Beitrags mittlerweile die 200 überschritten hat, möchte ich zu den Anmerkungen noch einmal kurz Stellung nehmen: Die geschilderten Vorfälle beruhen ausschließlich auf unverändert dargestellten Tatsachen, die sich in einer Kleinwerkstatt im Raum Niederbayern abgespielt haben. Die ausgefallene Benzinpumpe und den Motorschaden nach 300 km haben andere Borgwardfreunde erlebt; alles andere hat meine Lebenserfahrung bereichert. Der Artikel soll Neueinsteiger in unserem Tätigkeitsfeld vor ähnlichem Schaden bewahren. Für die „alten Hasen“ unter uns bietet er wenig Neues.
Niemand von uns erwartet, dass eine – auch noch so gut restaurierte – Isabella auf der gleichen Komfortstufe laufen soll wie ein moderner BMW; so ein Ansinnen wäre nicht einmal bei vollständigem Originalitätsverlust realisierbar. Ob man allerdings von „Kleinigkeiten“ sprechen kann, wenn Stromverbindungen am Anlasser oder eine Schraube zum Lenkgestänge nur gesteckt statt festgezogen werden, ist eine andere Frage.
Wenn man ein derart unvollständig repariertes Fahrzeug, nachdem es vier Jahre lang in der Werkstatt zugebracht hat, trotz zahlreicher noch ausstehender Nachbesserungen vom Hof fährt, geschieht das nur, um zu vermeiden, dass der Schaden noch größer wird – beispielsweise weitere Teile „verschwinden“ oder neue Lackschäden entstehen.
Wie erwähnt, gibt es neben uns „Schraubern“ auch Liebhaber antiker Fahrzeuge, die einfach andere Fähigkeiten besitzen, als selber Hand anzulegen oder beim besten Willen die Zeit nicht haben; für diese Freunde muss es nach meiner Ansicht auch Möglichkeiten geben, nach dem seriösen Zusammenspiel von Geben und Nehmen eine Leistung zu bekommen, die diese Bezeichnung verdient.
Natürlich muss die Zusammenarbeit mit einer Firma nicht bei jedem Kunden in gleicher Weise ausgehen. Die selbe Werkstatt, die in einem Fall Fehler über Fehler macht, hat vielleicht an einem anderen Fahrzeug zur vollen Zufriedenheit des Auftraggebers gearbeitet oder dieser hat die Schwachstellen unter Umständen auch (noch) gar nicht bemerkt.
Viele Grüße,
Peter




2 mal bearbeitet. Zuletzt am 31.10.05 16:02.

 


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