Re: GV 800
geschrieben von: Peter (---.nsn-inter.net)
Datum: 08. September 2008 08:35
Liebe Borgwardfreunde,
Der Beitrag von Stephan trifft meines Erachtens den Nagel auf den Kopf - auch wenn nun bei weitem nicht jeder, der sich heute für unsere Fahrzeuge interessiert, einen Vater hat, der früher im Borgwardvertrieb arbeitete. Der "Zündfunke" muss nicht unbedingt dadurch übergesprungen sein, dass die Eltern einen Wagen aus diesem Stall fuhren; Schlüsselerlebnisse können ihre Wurzeln auch im Bekanntenkreis, in persönlichen Erlebnissen oder sogar in Filmen haben. Sehr beeindruckt hat mich die Geschickte, die ich einmal in einer früheren Rhombus-Ausgabe gelesen habe: Dort berichtete ein Mitglied, dass er als kleines Kind mit seinem Roller am Bahngleis gespielt und sich der Roller zwischen den Schwellen verhakt habe. Die nahe Bahnschranke ging zu, der Zug rollte aus der Ferne heran und der kleine Junge zerrte aus Leibeskräften an seinem ersten eigenen Fahrzeug - das war im Moment wichtiger als die tödliche Gefahr durch den Zug. Ein LKW-Fahrer, der an der geschlossenen Schranke warten musste, erkannte die Situation, sprang heraus, riss den Jungen samt Roller von den Schienen, ermahnte ihn kurz und fuhr davon, sobald sich die Schranken geöffnet hatten. Der Junge blickte dem LKW nach und merkte sich den Rombus, den er zuvor vorne gesehen hatte. Später sah er dieses Zeichen auch auf manchen anderen Autos, verband im Unterbewusstsein seine Rettung mit der Automarke und erwarb Jahrzehnte später eine Isabella. So ein Weg ist allerdings nur möglich, wenn durch das aktuelle Straßenbild die Resonanz zur Marke noch gegeben ist. Natürlich stimme ich André zu, wenn er sagt, dass die nächste Generation auch ohne diese Präsenz angesprochen werden kann - das ist jedoch ein ungleich schwierigerer und deshalb zwangsläufig seltenerer Prozess. Deshalb begeistern sich heute erheblich mehr Führerscheinneulinge, die eine Nostalgieader in sich haben, für einen alten Porsche, BMW oder Mercedes als für einen Borgward, wobei manche diese Marke wegen des ähnlichen Klanges mit Wartburg verwechseln und sich beim Anblick einer Isabella wundern, dass man in der DDR neben dem Trabant auch solche Fahrzeuge gebaut habe. Diese Reaktionen habe ich selbst erlebt, ohne sie deshalb in irgendeiner Weise verallgemeinern zu wollen.
Ich gebe André auch Recht, wenn es sagt, dass nicht jeder, der einen modernen Mercedes kauft, sich zwangsläufig auch für dessen Vorgänger interessiert, aber wenn in ihm solche Interessen schlummern, ist es einfach wahrscheinlicher, dass es sich markentreu als markenfremd orientiert.
Die mir bekannten Automuseen verfügen meistens über Lagerräume, in denen sie Neuzugänge aufnehmen, ohne diese gleich auszustellen. Sie wechseln die präsentierten Fahrzeuge hin und wieder aus, um ihren Besuchern mehr Abwechslung zu bieten. Neben den ganz bekannten Museen wie Ernst Freiberger in Amerang und Fritz B. Busch in Wolfegg gibt es zahlreiche kleine Museen, die jederzeit einen perfekten Borgward als Erbe annehmen würden - also ohne dafür zu bezahlen. Somit sehe ich keine Probleme darin, dass die 1000 besten Fahrzeuge unserer Marke auf diese Weise ihre Plätze finden könnten. Für die derzeitigen Eigner ist der Gedanke meist beruhigender als wenn sie sich vorstellen, dass ihr gutes Stück in irgendwelche Hände kommt, wo es vielleicht "ein bisschen fetzig" aufgestylt und dann heruntergefahren wird.
Viele Grüße,
Peter