Re: umrüsten auf Gürtelreifen
geschrieben von: jmilitzer (---.teleos-web.de)
Datum: 10. August 2004 07:59
Hallo zusammen,
ich komm nicht dran vorbei, auch meinen Senf zum Thema dazu zu geben.
Im Endeffekt ist es doch die Entscheidung des Einzelnen ob er sich eher für Sicherheit oder Optik entscheidet und ich denke nicht, daß man sich durch Aussagen Anderer in seiner persönlichen Meinung verunsichern lassen sollte und das auch hier die Meinung des anderen Respekt und Anerkennung finden sollte.
Natürlich strebt ein Großteil der Oldtimer-Besitzer eine weitestgehende Originalität an und das ist ja auch gut so, schließlich wollen wir doch alle etwas längst vergangenes in die Gegenwart und Zukunft herüberretten, doch was nutzt die tollste Optik, wenn dadurch das Automobil zur "Immobilie" wird und sich der Besitzer nicht mehr so recht traut mit seinem Schmuckstück überhaupt noch am Straßenverkehr teilzunehmen?
Wenn man sich andererseits überlegt mit welchen Straßenbelägen die Diagonalreifen in den 50er und 60ern zu kämpfen hatten, kann man natürlich auch heute bei entsprechend vorsichtiger Fahrweise damit zurechtkommen.
Da ich aus dem Ruhrgebiet stamme, weiß ich aber auch zu gut, daß Opels Kadett A mit seinen Diagonal-Pneus nur in die Trasse der Dortmunder Straßenbahn gelenkt werden mußte und er fuhr "wie auf Schienen".
Ich habe eine ähnliche Diskussion schon in anderen "Marken"-kreisen erlebt und es ging um die Originalität von Weißwandreifen auf Autos die um 1970 ausgeliefert wurden. Es war eine Zeit, in der diese Art von Reifen nicht zuletzt wegen des Pflegeaufwandes an Beliebtheit verlor und auch der Zeitgeschmack spielte wohl keine untergeordnete Rolle. Aber diese Reifen waren, auch wenn sie nicht in der Liste der aufpreispflichtigen Mehrausstattung bei manchen Fahrzeugen standen, zeitgenössisches Zubehör. Und wem es gefällt, der soll sein Schätzchen doch auf diese weißberingten Beine stellen.
Argumente, daß man sich damit dem "Auftrag" entziehe, das technische Kulturgut Auto in seiner Originalität auf Veranstaltungen zu präsentieren finde ich genau so abwegig wie bei unserer eigentlichen Diskussion Diagonal- oder Gürtelreifen. Derjenige, dem diese "feinen" Unterschiede sofort ins Auge fallen, ist der Kenner der Materie und der kann auch abschätzen warum es zu dieser oder jener Änderung kam. Derjenige, dem es nicht auffällt, hat man aber auch nichts Böses getan.
Ich fand es viel schlimmer, wenn in einem nach meinem Geschmack besten dt. Filme der letzten Jahre, dem 1954er "Wunder von Bern", ein großteil der gezeigten Automodelle 1954 noch gar nicht produziert wurde. Doch auch hier, es merkt so etwas doch nur derjenige, der sich eh mit der Materie beschäftigt und die anderen Kinogänger haben mit Sicherheit auch nichts vermisst.
In diesem Sinne, Originalität hin, Fahrsicherheit her - es gibt immer gute Gründe sich für das eine oder andere zu entscheiden. Üben wir uns einfach in etwas mehr Toleranz und schon sieht die Welt doch gleich wieder ein bißchen freundlicher aus.
Viele Grüße
Jörg